10-Punkte-Plan zur Pandemie aus Sicht der Mitarbeiter*innen in Arzt- und Zahnarztpraxen

10-Punkte-Plan, PDF-Download

Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. hat den bisherigen Pandemieverlauf aus Sicht der Medizinischen Fachangestellten (MFA) und der Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) analysiert und schlägt folgende Punkte für die Verbesserung der Situation der von ihm vertretenen Berufsangehörigen und die sichere Gestaltung der medizinischen und zahnmedizinischen Betreuung vor.

Der Verband medizinischer Fachberufe e.V. ist bereit, mit den Sozialpartnern sowie weiteren Organisationen zusammenzuarbeiten, um die notwendigen Veränderungen voranzubringen

1. Rolle von MFA und ZFA in der Patientensteuerung stärken

MFA und ZFA übernehmen in der digitalen und telefonischen Patientensteuerung im ambulanten Gesundheitswesen eine weiter wachsende Rolle. Um diese erfüllen zu können
  • müssen zusätzliche Ressourcen für die telefonische Beratung geschaffen werden
  • sind Leitlinien zur Steuerung der Patientenströme zu entwickeln
  • ist es notwendig, MFA und ZFA in der Nutzung digitaler Anwendungsmöglichkeiten (Video-Sprechstunden, telemedizinische Anwendungen, elektronische Patientenakte und deren Anwendungen, Tele-VERAH-Rucksack, etc.) zu qualifizieren
  • müssen die digitalen Anwendungen entsprechend honoriert werden
  • ist es von Vorteil, einen (virtuellen) Erfahrungsaustausch anzubieten (z.B. zu Themen wie telefonische / elektronische Terminvereinbarung)
  • muss gleichzeitig die Bürokratie reduziert werden (wir denken hier zum Beispiel an die verschiedenen Formulare und Abrechnungsregeln für Testungen auf SARS-CoV-2)

2. Bereitstellung freiwilliger Tests und Priorisierung von MFA und ZFA in der Impfstrategie

MFA und ZFA wurden am 14. Oktober 2020 in die Coronavirus-Testverordnung bei den Testungen zur Verhütung und Verbreitung des SARS-CoV-2 aufgenommen. Sie haben einmal pro Woche Anspruch auf eine Diagnostik mittels Antigen-Test. Ärztliche und zahnärztliche Arbeitgeber*innen sollten die Antigenteste ihrem Praxispersonal als freiwillige Leistungen anbieten. Damit wird die Arbeitssicherheit der Beschäftigten und die Patientensicherheit erhöht. Ebenso müssen MFA und ZFA bei der Priorisierung der Impfungen beachtet werden.

3. Sicherstellung ausreichender Schutzausrüstung

Die bedarfsgerechte und zeitnahe Versorgung mit Schutzausrüstung ist sicherzustellen, ggf. zu zentralisieren. FFP2-Masken, Gesichtsvisiere, Schutzkleidung und Desinfektionsmittel müssen MFA und ZFA in ausreichender Anzahl zur Verfügung gestellt werden und zwar für alle Tätigkeiten am Patienten unterhalb des Mindestabstands von 1,50 m. Die Erstattung der tatsächlichen Kosten für den Mehraufwand bei den Hygienemaßnahmen ist für alle Patienten (gesetzlich und privat) zu regeln.

4. Arbeitsschutzstandards für Arzt- und Zahnarztpraxen

Von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) sind Corona-Arbeitsschutzstandards in praxisnaher Form zu erstellen, damit Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen diese unter der besonderen Belastung schnell nachvollziehen können. Unsere Forderung, dass die Anerkennung von COVID-19 als Berufskrankheit erleichtert werden muss, wird bereits in der Praxis umgesetzt.

5. Hygienekonzepte regelmäßig anpassen

Die Fürsorgepflicht muss von den ärztlichen und zahnärztlichen Arbeitgebern ernst genommen und gewahrt werden. Dazu gehört die Anpassung der Hygienekonzepte. Sie sind im Team zu erstellen und müssen die räumlichen Gegebenheiten berücksichtigen. Arbeitgeber*innen müssen die Gefährdungsanalysen an die aktuelle Infektionslage regelmäßig anpassen. MFA und ZFA mit erhöhtem Infektionsrisiko sind besonders zu schützen.

6. Schutz von Beschäftigten in Kleinbetrieben

Bei Verletzungen der arbeitsschutzrechtlichen Pflichten von Arbeitgeberseite muss der Schutz der Mitarbeitenden in Kleinbetrieben besonders berücksichtigt werden. Wenn sich MFA und ZFA vertrauensvoll an die zuständigen regionalen Stellen wenden, so sind ihre Sorgen ernst zu nehmen und Betriebe im Verdachtsfall zu überprüfen. Personelle Ressourcen bei den Aufsichtsbehörden sind ggf. auszubauen.

7. Ausbildung bleibt weiter wichtig

Die Auszubildenden in den Arzt- und Zahnarztpraxen sind besonders zu schützen. Überforderung ist zu vermeiden. Die Ausbildung im dualen System (Betrieb und Berufsschule) muss auch in der Pandemie gewährleistet werden.

8. Präventionsbewusstsein bei medizinischem Personal verbessern

Zusätzlich muss eine verstärkte Überzeugungsarbeit geleistet werden, um das Präventionsbewusstsein bei medizinischem Personal im niedergelassenen Bereich zu verbessern und beispielsweise die Durchimpfungsrate bei Grippe, Pertussis und Pneumokokken zu erhöhen. Das dient dem Schutz der Patient*innen und des Personals.

9. Kinderbetreuung sichern

Die Notbetreuung in Kindertageseinrichtungen und Schulen muss aufgrund der Systemrelevanz der MFA und ZFA gesichert sein. Sofern die Notbetreuung bei Schließung der jeweiligen Einrichtung nicht oder nicht ausreichend gewährleistet werden kann, muss ein Vergütungsanspruch der Arbeitnehmer*innen bestehen.

10. Finanzielle Aufwertung der Berufe MFA und ZFA

Die Gehaltssituation der Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten muss verbessert werden. Ein Vergleich der Bruttoarbeitsgehälter bei Vollzeitbeschäftigung laut Entgeltatlas der Bundesarbeitsagentur ergibt folgendes Bild (Abruf Okt. 2020):

Beruf/Tätigkeit

Anforderungsniveau

Bruttoentgelt 2019 (Median)

Zahnmedizinische*r Fachangestellte*r

Fachkraft

2.123 Euro

Altenpflegehelfer*in

Helfer-/Anlerntätigkeiten

2.146 Euro

Medizinische*r Fachangestellte*r

Fachkraft

2.448 Euro

Gesundheits- und Krankenpflegehelfer*in

Helfer-/Anlerntätigkeiten

2.677 Euro

Altenpfleger*in

Fachkraft

3.032 Euro

Gesundheits- und Krankenpfleger*in

Fachkraft

3.547 Euro


Für die Verbesserung der Gehaltssituation sind folgende Maßnahmen notwendig:
  • Die Lohndifferenz von mehr 30 Prozent zum Median des monatlichen Bruttoentgelts von Vollzeitbeschäftigten mit Ausbildung i. d. H. v. 3.189 Euro (Stichtag 31.12.2019) muss ausgeglichen werden.
  • Ausgehandelte Tarifsteigerungen müssen bei den aktuellen Honorarverhandlungen der ärztlichen und zahnärztlichen Leistungen prozentual voll berücksichtigt werden und nicht erst mit einer Verzögerung von bis zu zwei Jahren. Die Gegenfinanzierung ist analog dem stationären Bereich zu gestalten.
  • Anspruch auf Sonderbonus, da auch die Berufe MFA und ZFA besonders belastet und gefährdet sind.


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