MFA- und ZFA-Protesttag am 07.09.22 in Berlin

Mehr als 600 MFA, ZFA, Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sowie Interessierte folgten unserem Aufruf zur Protestaktion am 7. September 2022, sodass sich die Freifläche auf dem Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor ab 13.00 Uhr sichtbar füllte.
Von den eingeladenen Bundestagsabgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss war Saskia Weishaupt als Obfrau ihrer Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor Ort und hat sich Zeit genommen, um mit Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten zu sprechen (Foto oben rechts mit Silke Hagemann). Damit hat sie ein sichtbares Zeichen der Wertschätzung gesetzt.

Stephanie Schreiber, 2. Vorsitzende im geschäftsführenden Vorstand des Verbandes medizinischer Fachberufe e.V. (Foto links), hat folgende O-Töne gesammelt:
• Wir sind wichtig und legen Wert auf die korrekte Berufsbezeichnung.
• Es ist keine Option, nach 43 Berufsjahren mit 800 Euro in Rente zu gehen.
• Es reicht, wir haben „die Nase voll“ von der politischen Ignoranz und jahrelangen leeren Versprechungen, wir haben die ambulante medizinische Versorgung mit aufrechterhalten und als Dank waren wir nicht systemrelevant.
• Wenn das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz verabschiedet werden sollte, können sich die Patientinnen und Patienten auf deutlich längere Wartezeiten oder Leistungskürzungen einstellen.
• Wenn die politischen Entscheidungsträger mit der Ignoranz gegenüber der ambulanten Regelversorgung so weitermachen, droht die Gefahr des vollständigen Zusammenbruchs der ambulanten Versorgung.
• Die Politik muss endlich aufwachen, denn sie hat am Ende die Verantwortung für den Erhalt der ambulanten Regelversorgung.
• Die Politik investiert in Kliniken und berücksichtigt nicht die ambulante Regelversorgung.
• Steuergelder werden eher in geplante und aus unserer Sicht nicht benötigte Gesundheitskioske verschwendet, anstatt unsere Berufsangehörigen sowie die ambulante Versorgung zu stärken.
Gegen 13.30 Uhr startete die zentrale Kundgebung, die von Ingrid Gerlach, 1. Vorsitzende im geschäftsführenden Vorstand, moderiert wurde. Es war ein Sprung ins kalte Wasser, den sie hervorragend gemeistert hat. Präsidentin Hannelore König, die die Protestaktion zusammen mit ihrem Team geplant und vorbereitet hatte, konnte pandemiebedingt selbst nicht dabei sein.
Zuerst sprachen Medizinische Fachangestellte über ihre Situation und erhielten von den anwesenden Demonstranten deutliche Unterstützung. Der Ruf „wir sind wichtig“ begleitete ihre Reden.
Silke Hagemann, MFA, Praxisassistentin und VERAH® aus Gronau, berichtete vom Ärzte- und Fachkräftemangel bei den MFA in ihrer Region. Sie verwies auf die die geringen Gehälter der MFA, die fehlende Anerkennung ihrer Leistungen und protestierte gegen die Ignoranz der politisch Verantwortlichen. Positiv für sie: die Solidarität bei dieser Aktion und der Zusammenhalt, den alle Akteure gemeinsam gezeigt haben (zum Video).
Bastian Thumser, MFA aus Rattelsdorf-Ebing, ging auf die fehlende Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen ein. Er kritisierte vor allem die Lohnungerechtigkeit zwischen verwaltenden Tätigkeiten und den verantwortungsvollen Aufgaben von MFA für die Gesundheit von Menschen. Als Mitglied der Tarifkommission hob er die Forderungen nach Tarifverbindlichkeit, Tariftreue und nach einem Branchenmindestlohn besonders hervor (zum Video).
Torben Vogler, MFA aus Dortmund, erinnerte an die hohe Stressbelastung von MFA, die Infektionsgefahren, die Rolle der MFA bei den Corona-Impfungen und -tests und die verbalen und körperlichen Übergriffe in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren der Pandemie. Dem gegenüber standen fehlende Anerkennung und Wertschätzung. Viel zu viele MFA haben deshalb ihren Beruf verlassen. Auch beim staatlich finanzierten Conorasonderbonus wurden die MFA mehrfach "vergessen" (zum Video).
Dr. Klaus Reinhardt betonte als Vorstandsvorsitzender des Hartmannbunds und Präsident der Bundesärztekammer die Teamarbeit und stets verlässliche medizinische Versorgung der Patientinnen und Patienten. Diese Verlässlichkeit wünsche er sich auch von der Politik. In diesem Zusammenhang kritisierte er scharf die Streichung der Neupatientenregelung im geplanten GKV-Finanzstabilisierungsgesetz. Das Vergessen der MFA beim Corona-Sonderbonus sieht er als Affront der Politik gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Arztpraxen (zum Video).
Dr. Peter Bobbert, Präsident der Ärztekammer Berlin machte darauf aufmerksam, dass der Begriff GKV-Finanzstabiliserungsgesetz sich schön anhören mag - am Ende stehe aber, dass Geld gekürzt wird: Geld für die Mitarbeitenden im System, Geld von uns, Geld von Ihnen. "Das lassen wir nicht zu, und deswegen stehen wir hier gemeinsam und rufen alle zusammen: WIR SIND EIN TEAM!"
Dr. Christiane Wessel, Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung in Berlin bekundete ebenfalls die Solidarität der Berliner Ärzteschaft mit den Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten. Sie mahnte deutlich den doppelten Wortbruch des Bundesgesundheitsministers an: Noch im Koalitionsvertrag wurde die Stärkung der ambulanten Versorgung versprochen. Stattdessen drohen jetzt Spargesetze, die die ambulante Gesundheitsversorgung gefährden.
Andrea Ramsell vom Deutschen Hebammenverband aus Hamburg unterstrich, wie wichtig der Zusammenhalt der Gesundheitsberufe untereinander ist. Denn Gesundheitsversorgung geht nur gemeinsam. Sie berichtete, dass der Gesetzesentwurf Personaluntergrenzen in den Kliniken enthält, die die Hebammen betreffen.
Emmi Zeulner, MdB, Bayern, CDU/CSU-Fraktion, Mitglied im Gesundheitsausschuss für die CDU/CSU-Fraktion setzt sich seit dem Herbst 2020 für unsere Berufe ein. Sie informierte über den Antrag ihrer Fraktion zum Corona-Sonderbonus für Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte. Darin wurden auch die vollumfängliche Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen und ein Bildungsgipfel zur Stärkung der Aus- und Fortbildung der Medizinischen Fachangestellten als Gesundheitsberuf gefordert. Der Antrag wurde Ende vergangenen Jahres abgelehnt.
Unterstützung kam auch von Ates Gürpinar, MdB aus Bayern, der für die Partei Die Linke als Mitglied im Gesundheitsausschuss sitzt und bereits zum 4. Mal bei unserer Protestaktion am Brandenburger Tor dabei war. Er betonte, wie wichtig es ist, dass wir dran bleiben und noch lauter werden. Er hat durch unsere Protestaktionen und die Gespräche mit unseren Berufsangehörigen sehr viel gelernt. Als positives Beispiel zu unserer Durchsetzungskraft als Gewerkschaft nannte er den Erfolg in den Tarifverhandlungen für Tiermedizinische Fachangestellte.

Bei den nächsten Reden stand die Situation der ZFA im Mittelpunkt:
Erster Redner im zahnärztlichen Bereich war Dr. Jörg Meyer, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Berlin, der sich in Vertretung von Dr. Wolfgang Eßer von der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung für eine höhere Wertschätzung und angemessene Anerkennung der Leistungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten einsetzte. Die Arbeit der ZFA sei essenziell für die Gewährleistung der zahnärztlichen Versorgung. Die Sparpläne der Bundesregierung wurden von ihm aufs Schärfste kritisiert.
Dr. Karsten Heegewaldt sprach als Präsident der Zahnärztekammer Berlin für alle Landeszahnärztekammern. Er stellte die Leistungen der Praxisteams in der Pandemie heraus. Er kritisierte deutlich das Ignorieren der Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten beim staatlichen Corona-Sonderbonus und begrüßte den Schulterschluss der Ärzte- und Zahnärztekammern, der ärztlichen und zahnärztlichen Verbände und Institutionen mit dem Verband medizinischer Fachberufe e.V. (zum Video).
Der Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Harald Schrader, machte den Druck der vorgesehenen Regelungen zur Herabsetzung der Gesamtvergütung und die damit faktisch verbundene strikte Budgetierung der vertragszahnärztlichen Behandlung deutlich. Dieser Druck sei bereits in den zurückliegenden Corona-Jahren massiv verstärkt worden. Bei staatlichen Unterstützungsmaßnahmen wie dem Schutzschirm oder dem Corona-Bonus für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei für die ambulanten Praxen am Ende nur „warme Luft“ übriggeblieben. Jetzt komme durch steigende Energie- und Lohnkosten weiterer Kostendruck auf die Praxen zu. „Budgetierung und Honorardiebstahl sind Instrumente aus der Kostendämpfungs-Mottenkiste, die wir nicht hinnehmen werden – ja nicht hinnehmen können!“, sagte Schrader und forderte die Streichung des Passus aus dem Gesetzentwurf.
Dr. Juliane von Hoyningen-Huene, Vizepräsidentin der Dentistas e.V. betonte, dass alle Beteiligten im Gesundheitswesen wertgeschätzt werden müssen.
Bewusst als letzte Rednerin fand Sylvia Gabel, Referatsleitung für Zahnmedizinische Fachangestellte, deutliche Worte. Sie ging in ihrer Rede auf die prekäre Situation der Zahnmedizinischen Fachangestellten ein, die laut Entgeltatlas der Agentur für Arbeit im Jahr 2021 lediglich 2.260 Euro brutto im Mittel als Vollzeitbeschäftigte verdienen. „Damit sind ZFA arm trotz Arbeit - und zwar nicht nur im Berufsleben, sondern auch im Rentenalter und müssen Grundsicherung beantragen." Wir arbeiten Tag für Tag im Aerosol-Nebel und im Tarif-Nebel. Sie kritisierte die längst überfällige Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Hier bestehe dringender Handlungsbedarf, denn auch zahnärztliche Arbeitgeber*innen müssen die steigenden Personal- und Energiekosten stemmen (zum Video).
Ingrid Gerlach richtete bei der Verabschiedung deutliche Worte an die Verantwortlichen in der Politik, aber auch die an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die selbstbewusst für ihre Rechte kämpfen sollen. Sie rief alle Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten auf, bei der nächsten Protestaktion erneut dabei zu sein (zum Video).
Das breite Bündnis aus dem Verband medizinischer Fachberufe als Gewerkschaft mit Institutionen, wie Ärzte- und Zahnärztekammern, Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, sowie ärztlichen und zahnärztlichen Berufsverbänden, wie dem Hartmannbund, den Dentistas e.V. und dem FVDZ will sich als Team nicht spalten lassen und gemeinsam noch lauter werden. Denn die ambulante ärztliche und zahnärztliche Gesundheitsversorgung ist in Gefahr und Medizinische und Zahnmedizinische Fachangestellte haben mehr Anerkennung und Wertschätzung verdient.
(Alle Fotos: Tanja Marotzke i.A. Verband medizinischer Fachberufe e.V.)

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